
đș 2,95 Meter Schönheit â fast Rekord
Die gröĂten Schönheiten im Karl-August-Kiez sind zwei Meter fĂŒnfundneunzig! Nein, keine jungen Frauen, die mit zuviel Wachstumshormonen ins Guinnes Buch eingehen â sondern Stockrosen. Sie stehen im Sommer 2022 in einem der Hochbeete auf dem Pocket Place des (gegenderten) Carla-Augusta-Platzes sowie in der Krumme StraĂe 35 vor dem Restaurant myThais.
Die im Herbst 2021 gesĂ€te Stockrose auf dem beliebten Platz an der neuen FuĂgĂ€ngerverbindung hat uns nicht nur den Gefallen getan, zu keimen und bereits im ersten Jahr BlĂŒten zu tragen â sie ist in dem kleinen Kasten mit nur wenig Erde Mitte Juli ungefĂ€hr 295 Zentimeter hoch geworden; von der OberflĂ€che der Erde im Kasten, nicht vom Boden. Wieder gelingt der Stockrose der Beweis, wie genĂŒgsam sie ist. Immerhin hat sie an dem Standort sehr viel Sonne.
Die andere Rekord-Malve ist nicht frisch gepflanzt und wĂ€chst an dieser Stelle vor dem myThais schon seit Jahren (bitte schickt Fotos an die Redaktion). Sie ist ebenfalls 295 Zentimeter groĂ (24.7.22) und steht auf einer regulĂ€ren Baumscheibe. Leider ist sie durch FahrrĂ€der sehr gefĂ€hrdet. Allerdings auch durch ihre eigene GröĂe, denn die langen Stengel sind schnell mal abgeknickt.

Mögen Sie Blumen? Dann sind Sie jetzt angesprochen!
Von den rund 643 Baumscheiben im Kiez sind ungefĂ€hr 501 (78%) unbewachsen â abgesehen von dem Baum, der draufsteht. Mindestens diese Baumscheiben sehen nicht nur traurig aus â sie wĂŒrden weinen, wenn es nicht so trocken wĂ€re. Denn ohne weiteren Bewuchs trocknet die Erde aus und wird entweder verweht oder verbacken. Meist wird die extrem dĂŒnne Humusschicht weggeweht und die Erde darunter von Hundepipi zu einer Art Beton verklebt. Dieser Prozess lĂ€sst sich verhindern oder rĂŒckgĂ€ngig machen, indem der Boden mit menschlicher Hilfe wiederbelebt wird.
Erste Hilfe fĂŒr die Böden der Baumscheiben: viel Wasser!
GieĂen! GieĂen! GieĂen! Da der Urin von Hunden mit einem pH-Wert von 5 â 7 etwas sauer ist, wĂ€re es theoretisch wichtig zu wissen, welchen pH-Wert der jeweilige Baum auf der Scheibe angenehm findet, also benötigt. Die meisten BĂ€ume finden Hundipipi eigentlich gar nicht so schlecht â jedenfalls, was den pH-Wert angeht. Das Problem ist wie so oft die Dosis: auf die Dauer landet auf den Baumscheiben einfach zu viel Urin. Weil es zu wenig regnet, wird die Baumscheibe immer saurer. Die Salze im Urin verĂ€tzen bzw. verbrennen den Stamm des Baumes, andere Pflanzen komplett â und vor allem die Mikroorganismen im Boden, die diesen letztlich am Leben erhalten. Medikamente â die den Vierbeinern hoffentlich geholfen haben â landen ebenfalls auf der Baumscheibe. Dadurch bekommt der empfindliche Mikrokosmos leider den Rest: die Baumscheibe ist tot, der Baum wird in einigen Jahren ebenfalls sterben. HĂ€ufigste Ursache ist FĂ€ule auf den unteren 80 Zentimetern. Sie entsteht durch eindringende Bakterien, die aufgrund der Ă€tzenden Eigenschaft von zuviel Hundepipi leichte Arbeit haben.
Das GieĂen kann die Versauerung wegspĂŒlen bzw. verdĂŒnnen. Das wĂ€re fĂŒr die Mikroorganismen eine wichtige Voraussetzung, damit sie ihre Arbeit der Bodenaufbereitung wieder aufnehmen können bzw. sich ĂŒberhaupt wieder ansiedeln. Um den dabei entstehenden Humus nicht wieder austrocknen und verwehen zu sehen, braucht es neue Bodendecker, die ihn festhalten und mit ihrem Schatten das Austrocknen verhindern. DafĂŒr ist ganz banales Gras geeignet â leider wird es vom Gartenbauamt gerne mal als Unkraut betrachtet und entfernt.
Die Stunde der Stockrose
Damit wilder oder menschgemachter Bewuchs von der Stadtreinigung und vom Amt nicht als Unkraut behandelt werden, bieten sich Gestaltungen an, die plakativ sind oder gewollt aussehen: Die Baumscheiben in der FritschestraĂe werden sobald nicht vom Ordnungsamt gerĂ€umt â allerdings war dafĂŒr eine Schlacht mit den Ămtern und der Einsatz von den Menschen in der FritschestraĂe nötig. Die Stockrosen sind wĂŒnderschöne, baumfreundliche und kostenlose Pflanzen, die eine nackte Baumscheibe mit ihrem Schatten schĂŒtzen können.
Sammeln Sie im September einfach die bereits getrockneten Samenkapseln der vorhandenen Stockrosen ab und buddeln sie auf nackten Baumscheiben wieder ein: 2 Zentimeter tief, denn die Stockrose gehört zu den Dunkelkeimern. Zur Not bemĂŒhen Sie die Spitze eines Zimmermannshammers, um den verbackenen Boden ĂŒberhaupt öffnen zu können.
Es geht auch mit System
Sie können die Samenkapseln auch zu Hause trocknen, nach Farbe sortieren und vor allem auf SchĂ€dlinge untersuchen: wenn die Samen bzw. die Kapseln ein Löchlein haben, können sie in den HausmĂŒll (nicht in den Bio-Eimer). Denn dann hat der doofe RĂŒsselkĂ€fer bereits seine Eier hineingelegt. Gelochte Samen(kapseln) mĂŒssen unbedingt aussortiert werden, wenn Sie die Samen lagern wollen, damit die noch keimfĂ€higen Samen nicht ebenfalls befallen werden. Wenn es dem RĂŒsselkĂ€fer nĂ€mlich im Winter zu warm wird â was in der Wohnung auf jeden Fall so kommt â wird er schlĂŒpfen und neue Eier legen. Und zwar in rasender Geschwindigkeit.
Wenn die Samen wirklich gut durch getrocknet sind, sollten sie in kleinen PapiertĂŒtchen, GlĂ€sern oder Kunststofftöpfchen aufbewahrt werden, die hermetisch geschlossen sind und eine Kontaminierung unmöglich machen. Wenn der Samen noch nicht trocken ist, wird er allerdings schimmeln. Auch deshalb ist eine Trennung Ihrer Ernte in kleine Einheiten sinnvoll. Sonst ist im Schlimmsten Fall die gesamte Saat unbrauchbar.
Um Grunde kann man die Samen ausbringen, wann immer man Zeit hat. Sollen sie jedoch im Folgejahr bereits keimen, ist die Aussaat vor dem Frost zu erledigen, denn die Samen benötigen ihn als Wecker. Hat man das verpasst, kommen sie dann immerhin im Jahr darauf. Wie schon erwĂ€hnt, keimen sie nur im Dunkeln, ein einfaches Ausstreuen auf der avisierten FlĂ€che reicht also nicht â die Samen wĂ€ren vergeudet.
Update, 11.8.2022: Leider hat jemand den groĂen Stengel entwendet. Klar, die Hochbeete sind fĂŒr alle. Aber nicht mit Methoden, die ganz klar untauglich fĂŒr eine Gemeinschaft wie einen Kiez sind.
