🚴🏻 Fahrrad-Route durch den Karl-August-Kiez konterkariert die Verkehrsberuhigung.
Im Karl-August-Kiez schlägt man sich diese Woche auf die Wange, ob man vielleicht träumt. Aber nein, die Arbeiten an der sogenannten „Opern-Route“ haben jetzt begonnen: Trotz der Ablehnung durch die fassungslosen Menschen im Kiez, die erst vor wenigen Wochen auf einer Info-Veranstaltung des Stadtrates ausgedrückt wurde. Und das, obwohl einige wichtige Rahmenfragen für eine Fahrradstraße bisher nicht geklärt sind.
Am auffälligsten ist die Sinn-Frage, was die Opern-Route überhaupt soll? Denn als Abschnitt einer Fahrrad-Schnell-Verbindung auf der Nord-Süd-Achse ist sie vollkommen unsinnig.
Das Netzwerk fahrradfreundliches Charlottenburg-Wilmersdorf hatte bereits 2021 eine Glosse dazu veröffentlicht. Dort wurde gemutmaßt, dass die Bezirksverwaltung keine Kapazitäten für einen gewünschten Radweg auf der KFS hätte – stattdessen werden die Kapazitäten in eine ungewollte Fahrradstraße durch den Karl-August-Kiez gesteckt. Langsam wirft das die Frage nach genauen Namen auf, wer da den Schuss nicht gehört hat und mit wem man da mal persönlich diskutieren könnte, um vielleicht noch was zu retten. Der Umweg durch den historischen Kiez kostet doch sonst nur unnötig Geld und wird dann nicht benutzt. Fühlt sich vielleicht mal jemand im Bezirksamt angesprochen? Bitte mal melden! RTL kann uns nicht helfen!
Der Umweg
Radfahrende, die auf der Achse Tegel/Kutschi — Fehrbelliner Platz zügig vom Jakob-Kaiser-Platz zum Adenauer Platz wollen, machen doch auf dem kurzen Stück keinen Umweg. Ein Umweg, auf dem sie auch noch zweimal rechts und zweimal links abbiegen müssten. Sie fahren einfach geradeaus den Tegeler Weg und dann die Kaiser-Friedrich-Straße entlang.
Die Idee des überfälligen Stadtumbaus, hin zu einer Fahrrad- und Fußgänger-Stadt erfordert sowieso dringend die gerechte Neuverteilung dieses 6-spurigen Straßenzuges an alle, die nicht mit dem Auto unterwegs sind: eine Spur sollte dabei zur Radspur umgewidmet werden. Statt dessen soll diese laute, stinkende, gefährliche Schnellstraße offenbar weiterhin der autogerechten Stadt dienen. Wer an diesem Straßenzug wohnt, wird sich bedanken. Eine Verhöhnung des Mobilitätsgesetzes, des Stadtumbaus und der Wünsche der Menschen ist das. Das wird sich bei den Wahlen bemerkbar machen.
Der Stadtumbau
Eine andere und zwar noch gänzlich offene Frage ist, ob der Unterabschnitt durch den Karl-August-Kiez rechtlich überhaupt zulässig ist? Zum einen haben sich die im Kiez Wohnenden Menschen ganz klar gegen diese Route ausgesprochen. Zum anderen würde durch eine „Fahrradstraße“ die bisher vorhandene Verkehrsberuhigte Zone zurückgenommen werden müssen. Einen solchen Rückschritt will aber doch eigentlich niemand. Das ist nicht im Sinne des Gesetzes. Die Mobilitätswende soll im Ergebnis den Verkehr entschleunigen, die Verkehrssicherheit verbessern und die Aufenthaltsqualität steigern: die Straße den rollenden Blechbüchsen und Angeber-Panzern abnehmen und den Menschen zurückgeben. Statt dessen würde eine Fahrradstraße, auf der Autos „nur“ 30 fahren dürfen, de facto die Verkehrsberuhigung nach 40 Jahren wieder komplett abschaffen. Das soll die Verkehrswende sein? Fahrradstraßen sind doch praktisch ganz normale Straßen, auf denen lediglich eine rein theoretische Bevorrechtigung für Fahrräder besteht.
Historisches Ambiente
Die dritte Frage fällt da fast kaum noch ins Gewicht: Was ist mit dem Denkmalschutz, wenn er mal was retten kann? Das historische Berliner Kopfsteinpflaster ist Teil des Charmes dieser Stadt. Es ist ein wichtiges städtebauliches Element für den Charakter einer Straße. Ausgerechnet die Krumme Straße und der Karl-August-Platz sollen nun das schöne Pflaster durch Asphalt ersetzt bekommen.
Warum führt die Trasse allein aus diesem Gesichtspunkt nicht statt dessen durch die Weimarer Straße, die bereits asphaltiert ist? Beziehungsweise über die KFS? Siehe oben.
Wilmersdorfer zu früh verworfen
Denkbar wäre auch ein Radweg durch die Fußgängerzone: denn den gibt es de facto ja ohnehin. Er könnte durch Bänke, Blumenkübel und andere Stadtmöbel sowie geschickte Gestaltung so von den Flanierbereichen abgesetzt werden, dass er weniger Gefahr als jetzt bedeuten würde. Verdrängen lassen sich die Radfahrer nämlich ganz sicher nicht.
Näxte Frage: Ebenfalls zu den Sinn-Fragen gehört die nach der Verhältnismäßigkeit. Nur wenige Meter östlich der Krumme Straße führt bereits ein vorhandener Radweg entlang der Leibnizstraße, der bereits bis zum Ku‘damm reicht – und damit fast bis zum Fehrbelliner Platz. Warum nicht diesen mit einplanen?
Welches Navi soll den Radfahrenden diese Route vorgeben? Egal ob man als Option grüne Strecke bevorzugen, Radwege nutzen oder Ampeln vermeiden vorgibt, wird dieser Zickzack aus Zille- und Krumme Straße niemals vorgeschlagen.
Gruß aus Schilda
Vielleicht kommt es sogar ganz grotesk, was zu einem Schildbürgerstreich natürlich passen würde: wie kommt man im Süden eigentlich am Adenauerplatz weiter, wenn die Wilmersdorfer wie geplant dort zur Sackgasse wird?
Man kann aus vielen Richtungen auf diesen Routen-Abschnitt schauen: er bleibt einfach eine total unsinnige Planung und man fragt sich, wie es dazu überhaupt gekommen ist. Die Urheber des Abschnitts zwischen Adenauer und Jakob-Kaiser-Platz dürfen sich gerne mal melden und mit uns reden oder wenigstens Kommentare hinterlassen.
Update: Der Spiegel über den Etikettenschwindel Fahrradstraße.
Eine Fahrradroute ausgerechnet durch den Karl-August-Kiez führen zu wollen, ist eine herbe Enttäuschung für viele Anwohner und auch für mich. Vor 3 1/2 Jahrzehnten wurde die Krumme Straße trotz erheblicher Einwände und Proteste der hier lebenden Menschen für den Durchgangsverkehr geöffnet. Im Mai 2021 wurde sie zur Freude und mit Zustimmung vieler Nachbarn endlich wieder geschlossen. Endlich mehr Sicherheit, endlich mehr Ruhe, endlich mehr Lebensqualität, auch wenn eine wirkliche Verkehrsberuhigung erst noch erreicht werden müsste. Schrittgeschwindigkeit wird extrem selten eingehalten, weder von den PKWs, noch von E Bikes und sonstigen motorisierten Fahrzeugen.
Die Krumme Straße zu einer Fahrradroute umzuwidmen, würde den Kiez praktisch spalten, wenn täglich hunderte, tausende Gefährte hier durchsausen. Schon jetzt rasen insbesondere die Liefer E Bikes mit hoher Geschwindigkeit durch die vermeintlich verkehrsberuhigte Zone. Das würde die gesamte Nachbarschaft beeinträchtigen, aber wieder mal ganz besonders die Schwächsten: die Kinder, ältere Menschen, Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen.
Ich will nicht glauben, dass die Verantwortlichen für eine Mobilitätswende sich dermaßen über die berechtigten Interessen der Bürger hinwegsetzen.
Der Kiez ist von belebten Autostraßen umgeben, die z.T. sogar bereits über Fahrradwege verfügen. Auf diesen breiten Straßen ließen sich ausreichend Fahrradstrecken einrichten, wenn der politische Wille ehrlich vorhanden wäre.