⚰️ Unser Karstadt macht zum 31.1.24 die Äuglein zu.
Nach dem Weihnachtsgeschäft 2023 wird die Karstadt-Filiale des „Galeria-Konzerns“ an der Ecke Pestalozzi- und Wilmersdorfer Straße endgültig schließen. Als wenn die Fußgängerzone nicht schon grau und steinern genug wäre, geht im letzten Zeitzeugen der Kaufhausära das Licht aus. Aber der Karl-August-Kiez will der Stadt zeigen, wie man die Menschen aktiviert!
Auf der Galeria-Website steht schon länger das Anhängsel „… GmbH in Insolvenz“. Am 13. März ging es durch die Presse: der letzte Gemischtwaren-Magnet der Fußgängerzone Wilmersdorfer wird beerdigt. Schon bei der ersten Insolvenz vor ein paar Jahren stand unsere Filiale auf der Todesliste. Nun wird es endgültig sein. Zumal die Hausbesitzerin den Mietvertrag nicht verlängert hatte und bereits 2022 beim Bezirksamt eine Abrissgenehmigung für den 50er-Jahre-Bau beantragt und wohl auch bekommen hatte.
Sind die KundInnen zu arm oder zu geizig gewesen?
Die erfolglosen Konzernlenker um Miguel Müllenbach (Vorsitzender), Guido Mager und Olivier van den Bossche machen uns geizige KundInnen sowie die hohen Energiepreise dafür verantwortlich – viele Wirtschaftsfachleute eher die Konzernspitze. Die Wahrheit liegt sicher irgendwo in der Mitte und hat wohl viele Gründe.
Auch die Wilmersdorfer Arcaden („Wilma“) sind nicht gerade üppich mit zahlenden KonsumentInnen gefüllt – der Leerstand beweist das. Die Menschen haben halt wirklich weniger Geld zur Verfügung und damit eine geringere Kaufkraft: die Reallöhne sinken seit einer Weile und die Verbraucherpreise steigen – das zeigt diese Grafik des Statistischen Bundesamtes Destatis:
Immer wenn die Produktpreise steigen, verdienen die Herstellerfirmen mehr; die Angestellten aber nicht – aber das ist ein anderes Problem.
Die Galeria-Karstadt-Kaufhof-GmbH „in Insolvenz“ hat wohl zu wenig Umsatz gemacht. Das kommt im Kapitalismus halt auch mal vor. Die sich trotzdem fürstlich bedienende Konzernleitung war leider nicht in der Lage, die Pleite abzuwenden. Opfer sind nun die MitarbeiterInnen. Die Schließung wird nicht zu verhindern sein, auch wenn es besser geeignete Führungspersönlichkeiten in Deutschland gäbe. Der Insolvenzprozess ist schon zu weit fortgeschritten – Zeit genug wäre allerdings gewesen. Vermutlich haben die Herren in Nadelstreifen aber gar nicht gesucht.
Bereits seit Längerem lag die Vermutung nahe, dass die ungeschickten Lenker in den obersten Konzernetagen nach der Übernahme von Karstadt wohl überhaupt nicht vor hatten, die Warenhäuser aus dem Sumpf zu ziehen. Vielmehr war es wohl Kalkül, die Grundstücke in Top-Lagen und die Immobilien verkaufen zu können, sobald die Läden abgewickelt sind. Kaufhäuser stehen meist auf extrem wertvollen Grundstücken. Für „unser“ Karstadt gilt das allerdings nicht, weil es nur zur Miete wohnt.
Nachnutzung durch die Kiez-Initiative
Es wäre nun Aufgabe der Politik sowohl das Haus als auch das Grundstück vor weiteren Spekulationen zu schützen: ganz regulär oder per Vorkaufsrecht sollte das Objekt in öffentliches Eigentum überführt werden. Wir Menschen im Kiez könnten gemeinsam im Rahmen eines Quartiers-Managements für eine Nachnutzung planen und in Selbstverwaltung betreiben, die dem Bezirk und den angrenzenden KantKiezen zugute kommt. Der angeblich sozialdemokratisch-links-grüne Bezirk hat es jedoch vorgezogen, eine Abrissgenehmigung zu erteilen.
Auch die Initiative KantKieze.de hat dazu schon im Vorfeld tolle Ideen von Menschen aus dem Kiez gesammelt. Wer mitmachen mag, meldet sich bitte per eMail unter Verteiler@Karl-August-Kiez.online – 2023 soll das Jahr des Karl-August-Kiez werden. Vielleicht ändert sich an den Plänen ja doch noch etwas.
Am 15. März läuft die Fortsetzung einer Doku über den „Kaufhauskönig“ Rene Benko, der mit Karstadt Millionengewinne macht – und trotzdem eine Insolvenz nach der anderen hinlegt. 22:15 Uhr im WDR.